16. April 2013

Bernd Dassels Comeback: Talk mit Strafverteidiger Dr. Adam Ahmed

Dass die Mensa gestern Abend nur halb voll war, mag am ersten bereits sommerlichen Frühlingstag des Jahres gelegen haben. Vielleicht aber auch daran, dass ein Anwalt, der sich durch Verteidigung mordender Schwerstverbrecher einen Namen gemacht hat, die deutsche Praxis der Sicherheitsverwahrung bekämpft und sie reformiert haben möchte, beileibe nicht jedermanns Sache ist.
Der jetzt 41jährige Sohn eines Irakers und einer Griechin ohne Migrationshintergrund verlegte sich schon in jungen Jahren auf Verteidigung: des eigenen Tores in einer Jugendmannschaft des FC Bayern München. Mit Fußballgrößen wie Dietmar Hamann und Markus Babbel spielend und seinen großen Vorbildern, “Rotbäckchen” Karl-Heinz Rummennigge und “Auge” Klaus Augentaler, nacheifernd, wurde er sogar deutscher Meister der Junioren. Schon damals galt für ihn: immer kämpfen, keinen Ball verloren geben. Und aufgeben? Niemals! Solche Tugenden lebt er heute noch als Anwalt.
Dass der Adam, wie es sich gehört, zur Gaudi des Publikums – natürlich – mit einer Eva verheiratet ist, für die er nur am Wochenende Zeit hat, weil er werktags von 7 bis 22 Uhr arbeitet, heute zur Créme de la Créme der deutschen Strafverteidiger gehört, das verdankt er eigentlich Ali Abdullah Herischs Bruder. Der irakische Strichjunge hatte Münchens prominenten Modeschöpfer Rudolph Moshammer ermordet, weil ihm der Modezar hinterher nicht den vorher vereinbarten “Liebeslohn” zahlen wollte. Obwohl der Mörder schon zwei bekannte Verteidiger hatte, setzte der Bruder auf einen Anwalt, dem man absolut vertrauen konnte. Das versprach man sich von Ahmed, nicht zuletzt wegen der gemeinsamen irakischen Wurzeln.
Inzwischen war der Jurist mit Prädikatsexamen, der erst spätberufen mit 26 Jahren sein Jurastudium aufgenommen hatte, mit mehreren ganz schweren und ebenso spektakulären Mordfällen betraut, dass er in der Presse schon “neuer Bossi der Strafverteidiger” genannt wurde. Davon aber will der smarte Topjurist partout nichts wissen: “Ich hab ihn schon in Aktion erlebt und innerlich den Kopf geschüttelt. Er hatte eine sehr gute Zeit, jedoch verpasste er den richtigen Zeitpunkt für den Absprung.”
Zu Ahmeds Credo als Strafverteidiger gehört: “Der Angeklagte hat Anspruch darauf, bestmöglich verteidigt zu werden. Wenn das Vertrauensverhältnis zwischen Mandant und Verteidiger zu schwächeln anfängt, bin ich der Erste, der sagt: Okay, dann such dir einen andern!”
Des Pflicht- und Wahlverteidigers größtes Lob kam ausgerechnet aus dem Mund der Mutter der kleinen Vanessa (12) aus Gersthofen, die sein Mandant am Faschingsdienstag 2002 maskiert aufgesucht und mit 21 Messerstichen bestialisch umgebracht hat. Romana Gilg: “Sollte ich selbst einmal angeklagt sein, würde ich ihn als Anwalt nehmen.”
Die Saalspende von 1150 Euro widmet der Gast dem 19jährigen Patrick in München. Wegen eines Gendefekts leidet er seit seiner Geburt an der so genannten Schmetterlingskrankheit.  Am 27. Mai talkt Moderator Raimund Haser mit dem Spiegel-Reporter Christoph Reuter zum Thema “Tod in Damaskus”.