04. Juli 2023

Coolster katholischer Pfarrer Deutschlands

Dem von Joachim Rogosch kurzweilig unterhaltsam moderierten 216. Talk im Bocksaal mit dem 63-jährigen Ordensprieser, Radiopfarrer und Pater Alfred Tönnis wohnten 110 Besucher*innen bei. Die zeigten sich mit recht stattlichen 1.741 Euro ausgesprochen spendierfreudig. Nach dem Willen des humorvoll sprechenden Gastes ist das Geld für Projekte in Syrien vorgesehen. Damit sollen Zelte und andere notwendige Sachen finanziert werden, um den betrüblichen Ist-Zustand der Menschen verbessern zu können.

 

Wie im einleitenden Kurzfilm zu sehen war, geht der als "coolster Pfarrer Deutschlands" apostrophierte Facebook-Seelsorger auch schon mal in die Luft, um im Korb eines Heißluftballons durch die Lüfte zu fahren. Aber nicht aus Wut wie das berühmte HB-Männchen aus der Werbung für Zigaretten. Er macht keinen Hehl daraus, dass es der Heilige Geist ist, der ihm seine Kraft gibt. Für ihn eine alltägliche "ganz konkrete Lebenserfahrung". Er verweist auf heutige junge Leute, die sich oft außerordentlich sensibel geben und mit Leuten reden wollen, die durch und durch glaubwürdig sind.

 

Eindruck machte, dass der zur weltweiten Ordensgemeinschaft der "Obladen der makellosen Jungfrau Maria" Gehörige auf bestimmte Fragen ganz gehörig unumwunden zugibt: "Das weiß ich nicht!" Zum Beispiel auf die Frage, wie ein Transsexueller denn so fühlt. Darauf könne er sich nur "wertschätzend einlassen".

 

Selber als Adoptivkind aufgewachsen, zeichnet er sich vor allem dadurch aus, dass er einen besonderen Blick auf Menschen hat, die in besonderer Weise hilfsbedürftig sind. Das können zum Beispiel junge schwangere Mütter sein, die von veschiedenen Seiten her unter großem Druck ihren Embryo abtreiben lassen. Zu diesem Thema und zum Thema Zölibat vertritt Tönnis eine unmissverständlich glasklare Meinung: "Man muss ganz ohne Druck in Freiheit entscheiden können, was man macht". Und: "Wenn ein Kind in Freiheit gezeugt wird, dann hat es sein Recht auf Leben". Spontanapplaus erfüllt den Bocksaal.

 

Der als leitender Pfarrer an Oberschwabens "Heiligem Berg" Bussen Tätige vertritt auch zu anderen heiklen Themen unmissverständlich klare Standpunkte. So nennt er hinsichtlich der Anforderungen an Flüchtlinge nachdrücklich diese drei Punkte: Sie brauchen Sicherheit, natürlich auch eine ärztliche Versorgung, vor allem aber schulische Bildung. Das sind Grundvoraussetzungen für eine erfolgreich gelingende Integration. Ob sie jemals wirklich gelingen wird, daran hegt der gebürtige Fuldaer ganz erhebliche Zweifel: "Wahre Integration werden wir nie schaffen". Das zeige sich schon an den viele Jahre bei uns lebenden Türken und deren Wahlverhalten, das kürzlich Präsident Erdogan wieder in seinem Amt bestätigte. Das Gelingen von Teilhabe räumte er zwar ein, aber es sei nie zu schaffen, Migranten wirklich voll zu integrieren. Was für ein Gegensatz zu Altkanzlerin Merkels kühnem Spruch im Jahr 2015!

 

Großen Zuspruch äußert der Ordensgeistliche zum Boulevardblatt BILD. In seiner Verfasstheit sei das Blatt näher an der Normalmenschen Denkweise dran, als andere große Blätter, denen Seriosität nachgesagt wird. Ganz wesentlich ist für ihn die hohe Glaubwürdigkeit der Bild-Reporter, auf die es ganz entscheidend ankomme.

 

Selbstverständlich thematisierte Moderator Rogosch auch die Vielzahl der Missbrauchsfälle in seiner katholischen Kirche, die nach wie vor und noch immer immens die Gemüter bewegen. Trotz allem postete er sehr überzeugt: "Ich habe Bock auf Kirche!" Dass sich Priester sexuell vergehen, das konnte er sich "nie und nimmer" vorstellen. Dennoch aber: "Ich bin stolz auf unsere Kirche". Jährlich 500.000 Austritte sind für ihn nicht der ganz große Beinbruch.

 

Mit Blick und Vorausschau auf die Zukunft der Kirche sprach der Gast davon, dass "wir in den Strukturen zu sehr pfarrerzentriert" seien. Jeder sei zur Mitarbeit eingeladen. Schließlich "müssen wir uns internationalisieren, was uns bereichern lässt".