25. April 2017

Der die Puppen tanzen lässt - an Fäden gezogen!

Mit der gestrigen 183. Veranstaltung ist in der jetzt 16-jährigen Geschichte der von Bernd Dassel 2001 gestarteten Gesprächsreihe eine neue Ära angebrochen. Mit Jasmin Off, der Leiterin der Digitalredaktion der Schwäbischen Zeitung, die ihrem Namen zum Trotz sehr "on" ist und war, talkte erstmals eine Moderatorin. Sehr versiert wirkend, legte sie ein bravouröses Debüt hin, wofür sie von den rund 60 Besuchern im mäßig besetzten Bocksaal verdienten Beifall erhielt. Ihr Gast war Klaus Marschall, ein Theaterintendant mit vielen Fäden in der Hand: den Fäden von über 5000 Puppen der altehrwürdig berühmten Augsburger Puppenkiste, die es seit 1948 gibt. Marschall leitet das viel- und holzköpfige Ensemble seit 1992 in dritter Generation.

Trotz so illustrer Konkurrenten wie das Urmel aus dem Eis, Wutz, Jim Knopf oder Lukas, der Lokomotivführer, steht für ihn außer Frage: "Meine Lieblingspuppe ist der Kasperl, unser Augschburger Kasperl!" Der spielt selbst bei den Bundesliga-Heimspielen des FCA in der WWK-Arena eine ganz wichtige Rolle. Weil er das zu erwartende Ergebnis voraussagt. Beim letzten Heimspiel gegen Köln lag er mit seinem Tip wieder einmal (fast) ganz genau richtig. Denn Augsburg siegte 2:1.

Dabei gibt Kasperl immer einen delikat humorigen Schwank zum Besten. Gegen Köln hatte es ihm deren gekrümmt gehörntes Maskottchen, der legendäre Geissbock Hennes angetan. Tag und Nacht, erzählte Kasperl, habe er den Rasenteppich mit "Hochleistungsvollwertdünger" intensiv getränkt. Mit stark wucherndem Erfolg. Hennes tat sich stundenlang mit inniger Hingabe so hingebungsvoll genüsslich gütig, dass er bis zum Anpfiff "aus dem letzten Loch zu pfeifen" drohte. Ab und an einen sauwohlig rülpsigen Grunzton ausstoßend. Und so brauchte er sein Verdauungsschläfchen. Das wünschte der Kasperl auch den Kölner Kickern. - Und wenn sa wieda aufwacha, dann hat unser FCA g'wonna: 3:2!

Seit 2009 gebe er die Zusammenarbeit zwischen dem Fußballclub und der Puppenkiste. Zu Spielbeginn bekommt in den Heimspielen der Mannschaftskapitän des Gegners aus der Hand von FCA-Spielführer Daniel Baier statt eines Wimpels eine Puppe aus der Kiste überreicht. Und immer wenn die Augsburger das Runde im gegnerischen Eckigen unterbringen, was in letzter Zeit leider nur allzu selten der Fall war, ertönt aus allen Stadion-Lautsprechern das Titellied von Jim Knopf, das Lummerland-Lied.

Was dem redseligen Gast ganz wichtig war, mit allem Nachdruck zu betonen, war die große Wichtigkeit analoger Unterhaltung in unserer digitalisierten Welt. "Was wir machen ist nichts anderes als die Phantasie anregen". Ein Stück Holz werde zum Leben erweckt, was Möglichkeiten schaffe, das überhaupt erleben zu können. "Wir halten das für die richtige Unterhaltung mit ruhigen, langsamen Bildern". Das stimuliere die kindliche Phantasie, entwickle deren Kreativität. Was hingegen Fernsehen und Kino den kleinen Zuschauern hinknallen, sind viel zu schnelle und viel zu schrille, bis ins Detail fertige grellbunte Bilder. Solche Reizüberflutung können Kinder gar nicht verarbeiten. "Fragen Sie doch mal ein Kind, was es gesehen hat und ob es das Gesehene nacherzählen kann!"

Die 300 Euro der Saalspende gehen an das Kinderhospiz in Bad Grönenbach, mit dem die Puppenkiste seit Jahren beste Beziehungen pflegt.

Den nächsten TiB gibt es schon in zwei Wochen. Am 8. Mai erwartet mit Karl-Anton Maucher erneut ein Debütant im Bocksaal das Stuttgarter Kultfräulein Wommy Wonder. "Sahneteilchen XXL" lautet der Titel.