25. Juni 2013

Der “Herr Professor aus Heidelberg” im 143. Talk im Bock: Paul Kirchhof

Edmund Stoiber ging neulich mit der boshaften Spitze “Wieder so ein Professor” auf Bernd Lucke, Mitbegründer der eurokritischen Partei AfD, los. Während sein Schuss aber nach hinten losging, schaffte es Medien-, Alt- und “Kanzler der Frauen” Gerhard Schröder 2005, mit der verächtlichen Anrede “der Herr Professor aus Heidelberg” den Beinahe-Finanzminister Paul Kirchhof wirksam zu diffamieren. So brach der Jurist seinen Ausflug in die Politik ab und trat den Rückzug an die Uni an. Außer dem “Herrn Bundeskanzler aus Hannover” war er auch anderen Politikern missliebig, weil es seine Art ist, unliebsame Wahrheiten unverblümt blumig beim Namen zu nennen.
Seither gab es zwei Gespräche mit dem Altkanzler, dessen erstes aus nur zweimal vier Worten, nämlich “Guten Tag, Herr Schröder” – und umgekehrt – bestand.
Über die Zeit als Verfassungsrichter plaudernd, verglich der 70-Jährige Gerechtigkeit mit Gesundheit. Beides sei immer nur Näherungswert, da es sie absolut nicht gebe. Die Arbeit am BVG (6000 bis 7000 Fälle jährlich) sei “mit Haut und Haaren ein faszinierender Beruf” gewesen. Tröstlich, dass auch Verfassungsrichter ein Recht auf Schlaf haben. In Deutschlands größtem Reparaturbetrieb werde statt mit Hämmern nur mit Seidenhandschuhen gearbeitet.
Der Professor, Richter, Buchautor und jetzt “jüngste Professor in Heidelberg (im Status der Seniorprofessoren)” erntete mit seinem Plädoyer für den besonderen Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 GG großen Zuspruch. Wachstum fange nicht in der Wirtschaft, sondern beim Kind an. Das ist leiblicher Nachkomme natürlicher Eltern aus Frau und Mann.
Mit seinem damals wie heute spektakulär simplen Steuerkonzept (25% für alle) habe der Fachmann für öffentliches Recht bewusstseinsbildend wirken wollen: “ein Viertel für den Staat, drei Viertel für mich”. Es wäre ein “gleichheitsgerechtes Steuerrecht” gewesen. Aber: “Man hat sich entschlossen, den Professor aus Heidelberg unsozial darzustellen.” Auch die Medien verfälschten die Wahrheit, indem sie der öffentlichen Meinung eingaben, eine Krankenschwester mit 20.000 Euro zahle die gleiche Steuersumme wie der Chefarzt mit 200.000 Euro.
Der Schlussapplaus für den auf bestem Niveau stehenden Talk mit Moderator Raimund Haser auf gleicher Augenhöhe war außergewöhnlich langanhaltend und intensiv. Die 1319 Euro der Spende im vollen Festsaal gehen an die Stiftung der Eheleute Kirchhof und kommen alleinerziehenden studentischen Müttern zugute.
Zum nächsten TiB am 22. Juli “Ich war ein Neonazi” erwartet Moderator Bernd Dassel als Gesprächspartner den gebürtigen Greifswalder Stefan Rochow.