09. Mai 2017

Gehobener Schwachsinn mit Tiefgang, auch ohne Schwachsinn

Der 184. Talk im Bocksaal, der war ein TiB, wie man bisher keinen sah. Was "Herr Fräulein Michael Panzer" alias Wommy Wonder den rund 130 Gästen im fast voll besetzten Bocksaal optisch, sängerisch und kabarettistisch vorsetzte, dürfte die Lachmuskeln vieler so stark strapaziert haben, dass sie morgen unter gehörigem Lachmuskelkater zu leiden haben dürften. Die 761,75 Euro Saal- spende bestimmte die skurrile "Gästin" für Groko Stuttgart. Das ist keine große Koalition, sondern eine Selbsthilfegruppe für Menschen, die an der entzündlichen chronischen Darmerkrankung Morbus Crohn leiden.

Der als Moderator ein prächtiges Debüt gebende Karl-Anton Maucher wirkte neben dem in hohen Stöckelschuhen und mit bombastisch hoher und ebenso breiter steifer Haartracht 242 Zentimeter hoch aufragenden, auch im Umfang stattlichen Stuttgarter Paradiesvogel zwar ein wenig wie eine graue Maus. Da beide jedoch im Riedlinger Kreißsaal zur Welt kamen, so wie auch "Supermario" Gomez, stimmte einfach die Chemie ganz prima. So begegneten sich beide Akteure auf Augenhöhe und stellten gemeinsam einen amüsanten, überaus kurzweiligen, auch phantasiervollen Talk auf die Beine. Auf den Beinen standen sie auch selbst, weil die füllige "Dame" mit gewaltigem Vorbau obenrum so in ihre aufreizend kurzen Minikleidchen gequetscht war, dass sie sich nicht setzen wollte - oder konnte.

Was ihr Outfit betrifft, lüftete sie jedes Geheimnis. So sei das Kostüm ihres ersten Aufzugs ein umgearbeiteter Duschvorhang. Und das kleine Schwarze mit den knallroten Bordüren ihres dritten Aufzugs sei eine ehemalige Burka. So warf das Fräuleinwunder wundersame Fragen wie diese auf: "Dürfen Muslime eigentlich auch auf Kreuzfahrt gehen?" Oder: "Dürfen Islamisten eigentlich Christstollen essen?" Die Frage, wie sie eigentlich zu ihren Künsten gekommen sei, beantwortete sie aufschlussreich damit, dass sie "auf einmal mittendrin" war, "wo ich dann nimmer raus kam". Ihren ausgefallen extravaganten Namen erklärte sie damit, dass er halt zu ihrer Figur passe und antiquiert wie progressiv wirke.

Dabei hatte Panzer einmal auf Lehramt studiert, und zwar Germanistik und katholische Theologie. Dass es besser sei, in solchem Aufzug erstmals hier in Leutkirch zu stehen als den Lehrberuf auszuüben, begründete sie dem Neumoderator gegenüber voll überzeugend so: "Sei froh, dass ich hier bin. Stell dir vor, ich würde vor deinen Kindern stehen und müsste die unterrichten!"

Besten Anklang fanden Wommys Gesangseinlagen, ob mit eingespielter instrumentalmusi- kalischer Begleitung oder live von der TiB-Jazzband Just Friends begleitet. Beispielsweise veräppelte sie in Anlehnung an den Uraltschlager "Marina, Marina, Marina, du bist ja die Schönste für mich. Wunderbares Mädchen, bald sind wir ein Pärchen..." die Unsitten heutiger angeblich moderner Namengebung mit "Ja-que-li-ne, Ja-que-li-ne, Ja-que-li-ne, dein Name, das ist dein Ruin". Außerdem wurden noch viele andere Namen bespöttelt, wie zum Beispiel die "Mandy und der Kalle, die kommen meist aus Halle". Oder die bei Ikea Regale füllende Tabea.

Das wonderfule Vorzeigefräulein versteht sich auch auf politisches Kabarett. Zuletzt sei die prächtige Kultlady viel im Nahen Osten engagiert gewäs'n, bei denen drieb'n in Dräsd'n. Dort hatte sie an drei Tagen in Folge Auftritte. Der am Samstag war super, der am Sonntag noch superer. Der am Montag aber war, wen wundert's - ganz schön "frigid-a". Draußen grölten Rufe wie "Petri Heil, Petri Heil" durch die Straßen.

Am 3. Juli folgt der nächste Talk im Bocksaal, bei dem mit Steffen Schroeder ein im Knast als Vollzugshelfer tätiger TV-Kommissar zu Gast sein wird. Karl-Anton Maucher moderiert auch diese Veranstaltung.