12. Mai 2015

Keine Rolle spielen, authentisch sein!

Weil der gestrige Maienabend frühsommerlich und wonnig warm war, zog es nicht einmal 100 Besucher in den Bocksaal zum Talk von Moderator Raimund Haser mit seinem Berliner Gast, dem ALBA-Chef, DIHK-Präsident und Lobbyist Dr. Eric Schweitzer. Mit der Saalspende von 700 Euro unterstützt er "Kinderleben", einen Verein, der sich der Hilfe krebskranker Kinder verschrieben hat. Obwohl sie realistisch betrachtet utopisch ist, hat der Verein eine Vision: Mitzuhelfen, dass irgendwann einmal kein Kind mehr an Krebs erkrankt. Zur Zeit sind es in Deutschland 2000 pro Jahr, die zu 80 Prozent überleben.

Das Licht der Welt erblickte der noch 49-Jährige in Malaysia, wo sein mit einer Schwedin verheirateter rheinländischer Vater beim Bau von Staudämmen viel mehr als die nur 500 Mark in den 60er Jahren hierzulande verdiente. Obwohl autoritär erzogen, war das Vater-Sohn-Verhältnis freundschaftlich. Nachdem er vor Vaters Tod 1998 durch Unfall einen seiner beiden Brüder verloren hatte, musste er 33-jährig mit dem anderen Bruder die Firma führen, die damals 200 Millionen Umsatz machte. Heute macht der 9.000 Mitarbeiter zählende Konzern für Abfallwirtschaft und Recycling satte 3 Milliarden Euro Umsatz. Schweitzers Credo zu diesem rasanten Wachstum: "Was viele tun zu tun, bringt wenig, aber was zu tun, was wenige tun, damit verdient man viel". Und sich selbst charakterisiert er so: "Was mich prägt, ist authentisch sein, nicht nur einfach eine Rolle zu spielen".

Einen Ferrari, wie der Gastgeber vermutete, fährt Schweitzer nicht, weil er "kein besonders materialistischer Mensch" sei. Jedoch zeigt er sich liberal: "Jeder soll sich leisten, was er sich leisten kann und will". Lieber bevorzugt er da ein kleines Motorboot, mit dem er sich auf einem der Berliner Seen entspannt. Entspannung bietet ihm auch sein Hund Timmy, den er sich selbst, nicht seine beiden studierenden Kinder, gewünscht hat. Beide sind Gesellschafter der Firma, jedoch müssen sie, sollten sie nicht wollen, nicht mitarbeiten. Zwänge verabscheut er, auch im Privatleben.

Mit viel Stolz auf seinen in Deutschlands Top-Arena "O2 World" vor zehn- bis dreizehntausend Zuschauern spielenden Basketball-Club Alba Berlin, der mit Bamberg und Bayern München zu den "drei großen B's" zählt, schwärmte der sportbegeisterte Unternehmer vom gestrigen Play-off gegen Oldenburg vor. Drei Minuten vor Schluss noch 10 Punkte zurück, schafften es die Albatrosse doch noch, das Match zu drehen und 95:90 zu siegen. Der Stolz beruht aber viel mehr auf der vorbildlichen Jugendarbeit des Vereins, die in Deutschland spitze ist. Kein Verein leiste bessere Jugendarbeit, besonders in sozialen Brennpunkten. "Glückliche Kinderaugen" bedeuten ihm Motivation und bereiten Freude.

Als Lobbyist hob er sein "sehr gutes Verhältnis" zu Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel hervor. Idealvorstellung sei natürlich, eigene Vorstellungen zu hundert Prozent umzusetzen. Um ihr einigermaßen nahe zu kommen, setzt er auf Gespräche und echte Verhandlungen. Die seien aber nur möglich und nur dann erfolgreich, wenn man es mit Partnern zu tun habe, "die sich auch in die Lage der Gegenseite versetzen und für sie Verständnis aufbringen können".

Den 165. TiB gibt es am 27. Juli um 19:30 Uhr im Bocksaal. Zu Gast ist die deutsch-chinesische Journalistin Xifan Yang und der Titel ist "Mein Opa, Herr Peng".