08. August 2016

Kulinarischer, musikalischer und feingeistiger Feingeist

Dem lieben Wettergott sei Dank dafür, dass er dem 177. TiB bestes sommerliches Abendwetter bescherte, so dass die sehr gut besuchte Veranstaltung unter freiem Himmel vor dem „Bock“ ablaufen konnte. Für den moderierenden Andreas Müller und das herzlich applaudierende Publikum war es eine besondere Freude, nach längerer Zeit mit Bernd Dassel auch den Begründer und Altmeister des Talks im Bock begrüßen zu können.

Müllers erste Gesprächspartnerin war die überaus sympathische, in Leutkirch aufgewachsene evangelische Pfarrerstochter Caroline Autenrieth (Jahrgang 1984). Wie es sich für eine solche Tochter gehört, studierte sie elf Semester Theologie, bevor sie in Stuttgart ins Vikariat einstieg. In ihrer dortigen Gemeinde habe sie sich aber wie daheim gefühlt: „Es hat einfach nicht geprickelt“. Weil es so ganz einfach nicht weitergehen konnte, ließ sie sich in der Nähe Marseilles von einem Fischlokal „anmachen“, das den frischen Fang taufrisch direkt in seine Küche bekam. - „Was hindert dich konkret daran, das zu machen?“ fragte sie sich und beantworete sich die Frage auch gleich mit „eigentlich ja nix“. Der Chef des Haute cuisine empfahl ihr erst einmal eine Lehre im „kulinarischen Barbarenland“ Deutschland und so stieg sie als Azubi auf Stuttgarts Wielandshöhe bei Meisterkoch Vinzenz Klink ein. Gesagt hat keiner was, sagte Caroline, weil ich selbst keinem etwas davon gesagt habe. Dass es falsch war, das hat sie auch kein einziges Mal gedacht. Und so begab es sich, dass der südfranzösische Drei-Sterne-Chef, den sie „unnahbar wie einen Halbgott“ empfand, ihr einen Monat vor Beendigung der Lehre offerierte, diese zu beenden und am 1. August anzufangen. Und so stieg sie vom deutschen Ein-Stern-Betrieb in die Beletage der französischen mit drei Sternen auf.

Der Unterschied sei schon wirklich groß, erklärte sie. In Frankreich werde viel präziser gearbeitet. Man lasse sich mehr Zeit, weshalb die Gerichte auch ausgewogener und entsprechend schmackhafter seien. Nach eineinhalb Jahren wechselte sie in ein Pariser Restaurant in der Nähe des Louvre, weil „meine große Liebe, auch ein Koch, weg wollte“. Wie lange sie dort bleiben wird, steht in den Sternen, denn es gibt Nachwuchs. Und  ihr erstes Essen dahoim in Leutkirch? „Seidawüscht mit Kartoffelsalat“ - was sonst!

Dass der Geograph, Volkskundler und Kunstliebhaber Prof. Manfred Thierer (Baujahr 41) ein ausgesprochen feinsinniger Feingeist ist, beweisen bereits die poetisch angehauchten Titel seiner Bücher, wie zum Beispiel „Tiefer Süden - sanftes Land“, „Seelenstübchen - Kapellen im Landkreis Biberach“ oder „Die Adelegg - das dunkle Herz des Allgäus“. Thierer zeigt sich bodenständig und macht kein Hehl daraus, dass er außer beim Beginn des Studiums nie gewollt habe, längere Zeit auswärts zu leben. Er gibst sich heimatverbunden „patriotisch“. Allerdings sei das alles auch eine Definitionsfrage, wie weit „Heimat“ reicht: „Ganz Deutschland oder nur bis zum Gartenzaun?“ Persönlich bekennt er sich zu Leutkirch, auch zum Allgäu, zu Oberschwaben, ja „zu allem südlich der Donau“. Ganz besonders schätzt er den Mahler Hans Multscher, der „seinen Figuren Leben gegeben“ habe, sie hat lachen oder auch traurig sein lassen. Ob jene Schülerin, der er einmal gestand, wie eine Multscher-Figur auszusehen, sich gefreut hat, verriet er nicht.

Der Übergang zu Dominik Schad (Jahrgang 89) war fließend, denn der Percussionist gesellte sich mit zwei umgekehrten Besenstielen zur Jazz-Gruppe „Just Friends“, um auch mit seinem Lehrer Matthias Jakob ein wenig zu jammen. Als Schlagzeuger des „Orchesters im Treppenhaus“ ist es für ihn „halt so eine Spinnerei“. Die Kultband „Dexico“ und die Percussion-Show „Stomp“ seien seine großen Projekte. Er weiß, dass er offiziell noch an der Hochschule Hannover eingeschrieben sei. Einen Abschluss werde es vermutlich wahrscheinlich schon auch noch geben.

Die Publikumsspende von 1.086 Euro geht an das Sozialamt Leutkirch. Von ihm wird das Geld an Leute verteilt, die schnelle unbürokratische Hilfe brauchen. Am 12. September kommt Bundesminister Dr. Gerd Müller in den Bocksaal.