18. Oktober 2016

Lebenslänglich grenzgängerischer Musikausflügler

Durch das Zutun der kultigen TiB-Jazzband Just Friends glänzen die TiB-Veranstaltungen ja immer mit einer feinen musikalischen Duftnote. Der 179. Talk im gut besuchten Bocksaal mit dem renommierten Tubisten Andreas Martin Hofmeir (38) jedoch war so ausgeprägt musikalisch wie noch nie. Da er ja bekanntlich immer auf seinen Ausflügen nicht ohne seine Tuba unterwegs ist, hatte er seine "Fanny", die er innig liebt, natürlich auch nach Leutkirch mitgebracht. Wer weiß, ob die Fanny für ihn nicht so etwas wie eine Ersatzfrau ist... Die Stücke, die er am Anfang, am Ende und in den Pausen mit Just Friends vom Stapel ließ, waren echt vom Feinsten. Es handelte sich um brasilianische Lieder zum Thema Liebe. Wer's erlebt hat, weiß jetzt, dass die Tuba nicht das schwerfällige träge Rieseninstrument ist, das in keiner Bauernkapelle fehlen darf. Sondern dass es auch virtuos und spritzig schnell wie eine Bachtrompete gespielt werden kann, so, dass es prickelnde Zierde eines Sinfonieorchesters sein kann.

Die letzte Veranstaltung vor dem nächsten "Runden" war auch aus anderem Grund außergewöhnlich heiter und kurzweilig unterhaltsam: Weil der in Geisenried unweit Wolnzach in der Holledau (preußisch: Hallertau), also am Nabel Bayerns aufgewachsene ehemalige LaBrassbanda-Tubist mit einer Art Humor für Lacher am laufenden Band sorgte, den man als staub-, wenn nicht sogar, wie ein Gast aus Kempten anmerkte, als "furztrocken" bezeichnen muss. Mit kernig altbayerischem Zungenschlag und himmelblauen Augen wie die Unschuld vom Lande gab er rückblickende Einblicke in die Anfänge seiner steilen musikalischen Karriere, die ihn bis auf die Höhen einer Professur am Mozarteum der Universität Salzburg führte. Deswegen aber einen Standesdünkel zu entwickeln, ist ihm vollkommen wesensfremd, denn in Österreich "wird man schon Professor, wenn man Grundschullehrer ist". Im zarten Alter von fünf setzte seine musikalische Früherziehung, die "parallel zum Fußball lief", mit der obligatorischen Blockflöte ein. Mit Hinweis auf sein männliches Geschlecht gelang es ihm, das verhasste mädchenhafte Blasrohr ganz schnell wieder abzulegen.

Die Geige wollte er auf gar keinen Fall erlernen, denn "da muss man üben" und das wollte er partout nicht. Verständlich, denn mit David Garrett einmal in einer TV-Sendung zusammen, erfuhr er aus dem Mund des "Teufelsgeigers", dass in Dvoráks Sinfonie Nr. 9 e-Moll "Aus der Neuen Welt" die Geiger 20.000 Töne zu spielen haben, der Tubist hingegen nur ganze sieben. Und "trotzdem kriegen beide gleiches Geld". Die Tuba wurde ähnlich dem Saxophon erst spät, nämlich 1835 erfunden, aber das Sax ist für ihn "ja koa Inschtrument!" Was ihn an seiner Tuba fasziniert, wollte Moderator Andreas Müller wissen. "Sie wird nicht eingesetzt, wenn ein mimosenhaft fragiles und sensibles Prinzesschen auf die Bühne tänzelt, sondern beim Wagner. Wenn ein Wurm, der Lindwurm, kalt und gruselig und schleimig daherkreucht".

Freimütig gestand der Wahl-Salzburger: "ich dachte gut durchzukommen im Sinfonieorchester, ohne zu üben, aber das lief nicht". Aber die Vorstellung, "dass ich 40 Jahre im Orchester bleibe und schleimige Würmer begleite", diese Vorstellung machte ihn krank. Ein wichtiger Antrieb war zu erkunden, was auf diesem Instrument alles möglich ist. In Ravensburg war sein Tuba-Konzert mit Harfe ausverkauft, weil die Leute neugierig sind, wenn zwei so wesensfremde Instrumente gemeinsam zu klingen versuchen. Auftritte im sibirischen Krasnojarsk füllten auch die dortigen Clubs. Wenn ein Musiker von so weit herkommt, dann muss das ja was Gutes sein. So wie eine Band aus Hawaii im "Bock". Wenn die aber aus Isny kommt? Dann herrscht gähnende Leere!

Die Spende betrug 683 Euro für ein Projekt im Münchener Stadtteil Hasenbergl. Es versucht Kinder aus benachteiligten Familien an ein menschenwürdiges Leben heranzuführen.

Am 14. November kommt Thomas Brüchle in den Bocksaal. Der Lindauer Lehrer ist Welt- und Europameister im Rollstuhl-Tischtennis. Bei den Paralympics in Rio de Janeiro war er auch Medaillengewinner.