12. September 2016

Nein, DER Gerd Müller nicht!

Beim 178. Talk hat es im prall gefüllten Bocksaal schwer "gemüllert". Ohne dass der namensgleiche einstige "Bomber der Nation", der frühere Bayern-Mittelstürmer es war, saß mit Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd Müller (CSU) aus Durach bei Kempten ein hochrangiger Politiker bei Moderator Andreas Müller am Tisch auf dem Podium. Die Saalspende ergab 831 Euro. Sie gehen an ein von der Leutkircher Katholischen Kirchengemeinde St. Martin betriebenes Projekt im südamerikanischen Boliven, das Hilfe zur Selbsthilfe für Frauen und Kinder zu organisieren versucht.

Größte Heiterkeit gab es bei der letzten Frage aus dem Publikum ganz am Ende der zweistündigen Veranstaltung: "Wie stark belastet Sie eigentlich der dauerhafte Spagat zwischen ihrer Berliner Bundeskanzlerin und Ihrem bayerischen landesväterlichen Parteivorsitzenden?" Ohne Zögern die ministerielle Antwort: "Überhaupt nicht!" Das schallende Gelächter begann nur langsam abzuebben, als er erklärend nachschob, dass die flüchtlingspolitischen Divergenzen zwischen den Unionsschwestern Deutschland nur voranbringen würden. Die Demokratie lebe von der Divergenz der Meinungsverschiedenheiten zwischen den Parteien. Der Wettstreit der unterschiedlichen Standpunkte führe zu besseren Lösungen, die sich fortschrittlich niederschlagen würden.

Mehr als die brennenden politischen Streitfragen der Gegenwart, die erst in der abschließenden Fragerunde gebührend stark zum Tragen kamen, standen persönliche und private Dinge im Vordergrund des Geschehens. So war zu erfahren, dass der Minister die ganze Woche auf Achse ist, deutschland- und international weltweit. Am heutigen Montag von einer Sitzung des EU-Rats aus Brüssel angereist, nimmt er am morgigen Dienstag an einer Kabinettssitzung in Berlin teil. Am Mittwoch müsse er mit Merkel frühstücken, bevor es nach München zu einer Veranstaltung des 1968 gegründeten Clubs of Rome mit Experten aus 30 Ländern geht, die sich mit den großen Zukunftsproblemen der Menschheit befasst. Einem Abstecher in den Altusrieder Ortsteil Kimratshofen folgt der Flug nach New York zum Weltflüchtlingsgipfel der Vereinten Nationen, bei dem er seine Regierungschefin vertreten muss.

Dabei erörtert die Weltvölkerfamilie die auf das Jahr 2030 projizierten künftigen Perspektiven bei anhaltender Weiterführung der bisherigen Entwicklung. Müller macht kein Hehl daraus: Es ist eine Fahrt an den Rand des Abgrunds hinein in die Apokalypse! Deshalb ist es überhaupt keine Frage, dass ein Paradigmenwechsel geschafft werden muss, am besten gleich heute als erst morgen. Es kann und darf einfach nicht länger so bleiben, dass "wir 10 Prozent der hochentwickelten Industrieländer 90 Prozent des Vermögens der Weltbevölkerung besitzen, andererseits aber 20 Prozent der Menschen 80 Prozent der Ressourcen der Erde verbrauchen". Deswegen müssen wir umdenken und zu teilen lernen, denn die Menschen der Dritten Welt brauchen eine Perspektive für ihre Zukunft. Bekommen sie die, haben die meist jungen Flüchtlinge, die zu uns gekommen sind und kommen, keinen zwingenden Grund mehr, ihre Heimat zu verlassen und die lebensgefährlich waghalsige Reise über das Mittelmeer anzutreten.

Der Minister zeigt sich überzeugt, dass das machbar ist, ohne dass unser Wohlstand merklich darunter leidet. Mit aller Kraft setzt er sich beispielsweise dafür ein, den Textilhandel zu verpflichten, bei einer Jeans aus Kambodscha die eigene Handelsspanne um nur einen Euro zu reduzieren, so dass bei der dortigen Näherin 6 statt 5 Euro hängenbleiben. Das würde die Handelsspanne minimal auf 94 Euro verkleinern, aber die überfällige Anhebung des Mindestlohns ermöglichen.

Am 17. Oktober kommt der bayerische Musiker Andreas Martin Hofmeir in den Bocksaal, allerdings keinesfalls ohne seine Tuba.