23. April 2018

Sprachrohr und Gesicht der Münchner Polizei

Ganz am Ende der heutigen 195. Veranstaltung des Talks im Bock verwies die moderierende Jasmin Off darauf, dass die nächste Veranstaltung, die sie ebenfalls moderieren wird, auf den 4. Juni verschoben werden musste. Sie erwartet den Extrembergsteiger Jost Kobusch. Unter dem Titel "Dem Tod von der Schippe gesprungen" berichtet er von Nahtoderfahrungen beim Solo-Bergsteigen.

Der heutige Talk mit dem Leiter der Pressestelle des Polizeipräsidiums München, Polizeirat Marcus da Gloria Martins, der seinen klangvoll schönen Namen seinen portugiesischen Wurzeln zu verdanken hat, erbrachte 640 Euro Saalspende. Der Gast lässt sie einem Kinderhospiz in München zugute kommen. Was er damit begründet, dass er als zweifacher Vater einerseits und als Polizist andererseits "eine schlechte Mischung" darstelle. Als Polizist habe man auch die denkbar unangenehm schwierige Aufgabe, Todesnachrichten überbringen zu müssen.

Jasmin Off erfragte auch zahlreiche andere persönliche Dinge aus dem Leben des 45-jährigen "bekennenden Rheinländers" aus Hürth bei Köln, den es der Liebe wegen vom Rhein an die weiß-blau rauschende Isar verschlagen hat. Sein Bekenntnis zu Kölle habe mit dem Karneval, mit dem (absteigenden) FC und dem süffigen Kölsch zu tun. Das verleihe einem Kölschen Jung' ein Lebensgefühl, das man in Bayerns Landeshauptstadt schon vermisse. Trotzdem fühlt er sich wohl in der Weltstadt mit Herz, denn in einen "bayerischen Großclan einzuheiraten", gebe sehr viel Nestwärme, was ja "auch nicht schlecht" sei. Probleme, in München zu leben, habe er keine. Er habe meistens in Großstädten gearbeitet und - darauf ist er stolz - sein polizeiliches Handwerk "von der Pike auf" gelernt.

Demnächst am 22. Juli jährt sich zum zweiten Mal jenes schreckliche Ereignis am Olympia Einkaufszentrum (OEZ) in München, dem neun Menschen zum Opfer fielen, weil ein Amokläufer plötzlich das Feuer eröffnete und um sich schoss, bevor er sich schließlich selbst tötete. Sein unglaublich besonnenes Auftreten gegenüber den Medien und seine beruhigende souveräne und sachliche Art zu argumentieren brachten ihm ganz große Sympathien ein, so dass er durch dieses brutale Schwerstverbrechen quasi über Nacht prominent wurde.

Diese Art zu sprechen hat ihn geprägt. Auch im Bocksaal gibt er sich bei kniffligen Fragen der jungen Moderatorin bewunderswert besonnen und nachdenklich. "Eine gute Frage" äußerte er wiederholt erst einmal. So gewinnt er Zeit zum Nachdenken, bevor dann echte Antworten kommen. Die wirken an keiner Stelle des Talks auch nur einmal voreilig, vorgestanzt oder unbedacht. Vielmehr spricht er abwägend langsam, nach den genau passenden Worten suchend und dadurch beeindruckend glaubhaft. Seine Art des Sprechens erklärt er damit, immer "ohne doppelten Boden" arbeiten zu müssen. Das heiße: "Zu allem, was ich, auch hier, sage, muss ich stehen können. Stets müsse er in der Lage sein, sein Tun überzeugend rechtfertigen zu können.

"Hat der damalige Amoklauf nach fast zwei Jahren München irgendwie verändert?" fragte die Moderatorin. Noch länger nachdenklich als sonst, antwortete der sympathische Gast schließlich: "Ich weiß nicht, ob wirklich was verändert wurde. Es war halt ein regionales Phänomen. Nicht vergleichbar mit den Terrorattacken auf die Twin Towers von New York City".

In der Fragerunde brachte ein Besucher auch die aktuelle Diskussion um das neue Polizeigesetz in Bayern zur Sprache, das in den Augen vieler ein Meilenstein auf dem Weg in einen polizeilichen Überwachungsstaat ist. Dabei wirkte da Gloria Martins nicht überzeugend. Das Argument, das bayerische Gesetz stehe zu dem in Sachsen "auf Augenhöhe", steht auf wackligen Beinen. Mit mehr politischem Problembewusstsein hätte er zumindest den Grundkonflikt zwischen dem Bedürfnis nach Sicherheit auf der einen und der Einschränkung bürgerlicher Freiheiten auf der anderen Seite in Erwägung ziehen müssen.