23. Juli 2013

Stefan Rochow, vom Saulus zum Paulus geläuterter NPD-Funktionär, im 144. TiB

Der traumhaft schöne Sommerabend draußen verhinderte, dass drinnen im Bocksaal mehr als nur 60 Besucher dem TiB mit dem gebürtigen Greifswalder Stefan Rochow (36) folgten. Als Moderator sprang Raimund Haser ein, nachdem Bernd Dassel kurzfristig hatte passen müssen.
Der einst als Mitglied des NPD-Bundesvorstands zu den Führungsköpfen der Partei zählende Politiker war, wie er nachdrücklich betonte, 2006 aus Gewissensgründen ausgestiegen. Der Titel seines im März erschienenen Buches sagt eigentlich alles:  Gesucht – Geirrt – Gefunden: Ein NPD-Funktionär findet zu Christus.
Als 14jähriger pubertierender Jugendlicher, der von einem bürgerlich evangelisch geprägten Elternhaus in der stark atheistischen DDR geprägt war, begann er sich zu radikalisieren. Sein politisiertes Umfeld, seine Enttäuschung über die Wendezeit und Wiedervereinigung Deutschlands, grassierende Arbeitslosigkeit und massenhafte Immigration von Asylanten trugen maßgeblich dazu bei. Die Frustration war groß, denn “ein System war zusammengebrochen, das neue einfach übergestülpt, ohne die Menschen mitzunehmen”.
Erste persönliche NPD-Kontakte bekam Rochow 1998 während des Wahlkampfes. Während des Parteitags in Mecklenburg-Vorpommern lernte er die großen Parteihäuptlinge, wie zum Beispiel den Bundesvorsitzenden Holger Apfel, kennen. Sie hätten auf Rochow sehr positiv, weil persönlich sehr umgänglich gewirkt. Dass er dann in der Partei als großer Nachwuchspolitiker gehandelt wurde, erklärte er damit, dass er von allem, was er machte, voll überzeugt war. So setzte er ideologisch auf die Volksgemeinschaft, weil “dieser Staat Feind” für ihn gewesen sei.
Auf seine Läuterung rückblickend versicherte er, “einen leisen Ausstieg gemacht” zu haben. Der “große Widerstandskämpfer” in der Partei sei er auch nie gewesen. Der Wechsel der Päpste vom polnischen Johannes Paul II. zum deutschen Benedikt XVI. und die Lektüre der Schriften Ratzingers ließen das kindheitliche Christentum wieder in ihm hochkommen. Nach dreijährig langer Phase der Ablösung fiel dann der Entschluss zum Parteiausstieg. Dann wurde er “einfach auf die katholische Schiene gesetzt”. Die katholische Kirche habe ihm wohltuenden Vertrauensvorschuss gewährt, indem sie ihn so angenommen habe, wie er ist.
287 Euro Saalspende gehen an die Braunschweiger “Arbeitsgemeinschaft gegen Rechtsextremismus und Gewalt”. Sie unterstützt Menschen beim Ausstieg und gewährt Hilfe zum Neuanfang.
Am 12. August gibt es den Open-Air-Talk mit Leutkircher Köpfen vor dem Bock, bei schlechtem Wetter wird er in die Mensa verlegt.