11. August 2025

ALSO-Talk im Bock, Montag, 11.08.2025: Segmehl, Chwojan und Leblebici

Nach zehnmonatiger Pause gab es jetzt mal wieder einen TiB, nicht im Bocksaal, sondern im Rahmen des ALSO vor’m Bock auf der Open-Air-Bühne auf dem gut bevölkerten Gänsbühl. Die von knapp 400 Leuten besuchte, natürlich wieder von Just Friends musikalisch vorzüglich untermalte Talkshow wurde von Joachim Rogosch aufgekratzt lebhaft („Wir sind wieder da“) und sehr unterhaltsam moderiert.

 

Zwei der drei TiB-Gäste warteten mit ganz besonderen Sahnehäubchen auf: Der deutsche Türke Tezer Leblebici setzte zusammen mit einem Dutzend halbstarker Tänzerinnen in einem gut choreographierten Gruppentanz einen für das Auge imposanten Schlusspunkt. Und zum Start, als der Starsaxophonist Christian Segmehl noch gar nicht sichtbar war, war er bereits zu hören. Von hinten am Bock-Café startend, „flötete“ er sich in virtuosem Spiel gemessenen Schrittes in langem Crescendo durch die Gästereihen zur Bühne, wo Rogosch voller Tatendrang schon auf ihn wartete. Der im Leutkircher Stadtteil Wuchzenhofen lebende Saxophonist konzertiert außer in der heimatlichen Dorfkirche vor allem auch in der Elbphilharmonie der Freien und Hansestadt Hamburg, aber auch auf anderen großen Bühnen, wie zum Beispiel bei den Stuttgarter Philharmonikern. Im zarten Knäbchenalter von sechs Jährchen versuchte er sich zunächst pianistisch, bis ihn zwei Jahre später die Liebe zum Sax (mit a in der Mitte) packte und bis heute nicht mehr losließ. Er benutzte sein edles Altsaxophon auch trommelnd in perkussionistischer Manier. Was er spielte, geschah durchweg improvisierend, denn wie beim Reden, „kommt da immer was raus“. Und „Übung macht ja bekanntlich den Meister“. Als er von der Hamburger „Elphi“ die Anfrage erhalten hatte, musste er einfach nach Hamburg, um zum Start seiner großen instrumentalmusikalischen Karriere gleich zwei Konzerte an einem einzigen Tag zu geben. Die Preisspanne der Eintrittstickets beläuft sich minimal auf acht bis hinauf auf wahrlich schwindeleregende Höhen bei ganz großen Musikern. Bei ihm koste der Eintritt acht Euro, gesteht er freimütig zur Gaudi des Publikums. Dass es ein Muss ist, dass man da als Tourist einfach mal reingeht, findet Segmehl gut, denn mit Musik sei „jeder erreichbar“. Aus der Allgäuer Provinz zu Deutschlands Tor zur Welt pendelnd, nimmt er stets Käse aus der Umgebung mit, um werbewirksam auf die Menschen an der Waterkant zu wirken. Am liebsten spielt der Saxophonist „Musik aus dem Hier und Jetzt“. Werke aus der Zeit vor 200 Jahren mag er weniger. 2019 gründete er die Allgäuer Konzertreihe, in deren Rahmen jährlich drei bis vier Konzerte in der Wuchzenhofener Kirche erklingen. Immer nur das zu spielen, was man seit langem kennt, findet er langweilig. Gut findet er, dass Musik etwas ist, worüber man viel reden und verschiedene Meinungen haben kann. Schließlich lud er alle Anwesenden zu möglichst häufigen Konzertbesuchen ein. 

 

Die aus Reichenhofen stammende Marion Chwojan hat es „der Liebe wegen“ in das 200 Kilometer entfernte Tiroler Stubaital verschlagen. Dort fühlt sie sich inzwischen „dahoim“, wenngleich sie sich hier in Leutkirch wieder einmal „ganz daheim“ fühlt. Sie freute sich ehrlich darüber, dass so viele von Reichenhofen hierher zum Talk vor dem Bock gekommen sind. Sie spielte auch einmal Musik, nämlich Klarinette und ein bisschen Saxophon und betätigte sich moderatorisch im Regio TV. Beim Skifahrn im Stubai lernte sie ihren jetzigen Ehemann kennen und lieben, obwohl er mitnichten ihr Skilehrer gewesen war. Als geheiratet wurde, ging die Hochzeitsreise – wie es sich für echte Bergler gehört – zum Matterhorn nach Zermatt. Für sie steht fest, dass man sich in den Bergen wohlfühlen können muss. Das ist nicht ganz einfach, weil die dortige Mentalität doch eine ganz andere ist. Sie lebt auf einer Seehöhe von 1023 Meter NN, ab 1000 Meter ist man bekanntlich per Du. Nach einer 2019 begonnenen Berufsausbildung arbeitet sie heute als Wanderführerin. Ihren Umzug von Reichenhofen ins Stubai betrachtet sie als „Auswanderung“, weil im Tiroler Hochgebirge vieles halt doch ganz, ganz anders ist. Man müsse sich in vieles neu eingewöhnen, vom ursprünglich heimatlichen Vereinsleben sei man irgendwann vollkommen weg. Sie schwärmt förmlich vom Ultratrail, wo man 70 Kilometer weit laufen und dabei 5600 Höhemeter bewältigen muss.  An dem „Massenphäomen“ (Rogosch) beteiligen sich 1.500 Akteure. Die Strecke bewältigt sie in 14 Stunden und 30 Minuten. „Ankommen ist das Ziel, mehr möchte ich gar nicht.“

 

Als wahrer Tausendsaasa entpuppte sich schließlich der scheinbar mit allen Wassern gewaschene Tecer Leblebici. Weil man es ihm eigentlich kaum ansieht, tut der in Kempten geborene ohne Umschweife kund: „Ich bin Türke“. Die in 16 Jahren als ALSO-Macher wirbelnde Frohnatur tut von sich kund, den ganzen lieben langen Tag irgendwas zu machen. So könne er ja auch einmal die Tanzshow mit den jugendlichen Mädels machen. Er gibt sich überzeugt, dass man das ALSO-Feeling halt einfach mitnehmen müsse. Für seine Nachfolgerin Silvia steht er im Hintergrund stets hilfsbereit bereit. Leuten, die Angst haben, schreibt er ins Stammbuch: „Man muss einfach Eier haben, muss positiv sehen“. Ganz wichtig sei, dass man im Team gut miteinander harmonisiert. „Alles ist Arbeit. Wenn man die nicht macht, passiert nix“. Und sollte er mal ins Gefängnis müssen, auch nicht weiter schlimm: „Mein Gott, dann hab ich halt Urlaub“. Und als Gemeinderat? „Da red ich, gaub ich, viel“. Schwungvoll mit den Hüften kreisend, steht der 56-Jährige im Gruppentanz den Mädels, die ganz lieblich mit den Popos aufreizen, keineswegs nach. Die Spendensumme ergab 1.720 Euro. Wann und wo es mal wieder einen TiB gibt, steht, so Moderator Rogosch, derzeit noch in den Sternen.