09. August 2022

Banker, Priester, Romanistin

Ohne jeden Zweifel: Der gestern veranstaltete und von Karl-Anton Maucher engagiert moderierte 209. Talk, diesmal bei herrlichem Sommerwetter unter freiem Himmel vor'm Bock ausgetragen, war ein echter Volltreffer. Mit einem Banker, einem Priester und einer Romanistin war es ein echt flotter Dreier von Leutkircher Köpfen, den Maucher auf die ALSO-Bühne brachte. Mehr als 450 Besucher bevölkerten den Gänsbühl restlos und wurden gar wonniglich kurzweilig unter- und bei Laune gehalten. In die Spendenkasse wurden stattliche 2.621 Euro gespült. Jeweils zur Hälfte gehen sie an die Ukraine-Hilfe und an die Leutkircher Tafel.

 

Als Starter betrat der multitalentierte, im "Bullerbü" Herbrazhofen aufgewachsene und offenbar mit vielen, wenn nicht allen Wassern gewaschene und in Leutkirch samt Umgebung wohl "wie ein bunter Hund" bekannte ehemalige Filialleiter der Kreissparkasse, Andreas Wolf, der sich auch als Künstler und Fasnetsnarr einen Namen machte, das Podium. "Brettlesbroit" mundartlich wie ihm der Schnabel gewachsen ist, schwätzend, hatte er mit seinem komödiantischen Talent sofort eine herzhafte Lacherschar auf seiner Seite. Vor dem großen Publikum schien er ganz in seinem Element, liebt er es doch, viele Menschen vor und um sich herum zu haben. So lief er zu Hochform auf. Vom Moderator nach einem Erfolgsgeheimnis befragt, nennt er die Möglichheit, von 8 bis 9 Jahren bis zu den Alten viele vor sich vor der Bühne zu haben. Und auf ständiger Suche nach neuen Sketchen zu sein. Wegen Corona habe er eine "schwierige Zeit" hinter sich, weshalb er sich jetzt für die Fasnet auf Sketche aus vier Jahrzehnten Vereinsbestehen besinnt, sich dabei so volksnah gebend, als sei er das heimliche Stadtoberhaupt. Zwar sei er schon als Kind ein lustiges gewesen, aber sein Talent sei doch erst später entdeckt worden. Als eine Anfrage nach einem Theaterspieler kam und Mutter, ohne zu fragen, ganz spontan einfach bestimmte: "Ja, das macht er". Das Gebot befolgend, mindestens zehnmal am Tag lachen zu müssen, hätte er einmal beinahe nichts mehr zu lachen gehabt. Als einer in die Sparkasse reinkam und Geld abheben wollte, aber mit vorgehaltener Waffe. Da zog er es vor, sich hinter eine Säule zu verkrümeln. Riesenlob erntete er von der Polizei dafür, es genau richtig gemacht zu haben. Wolf verabschiedete sich mit dem umfunktionierten Songtext "Das Gewitter" des Ur-Komikers Heinz Erhardt ("Und wie es stürmt und brandet und kracht, da, eine Jungfrau tritt hinaus in die Nacht. Und ruft in die tosenden Winde hinaus: So ein Dreckswetter, da bleib ich zuhaus").

 

Die in einer Leutkircher Großfamilie aufgewachsene und als Gymnasiallehrerin für Französisch in Wangen lehrende Oberstudienrätin Susanne Joser-Schmidt hat sich offenbar ganz mit Haut und Haaren ihrer Liebe zu Frankreich und der Zuneigung zu deutsch-französischer Freundschaft verschrieben. Als die attraktive Romanistin ganze 17 jugendliche Jährchen zählte, ließ sie sich im Gründungsjahr von Jumelage von Begegnungen in Partnerstädten des französischen Südens faszinieren. Auch nach 28 Jahren im Vorsitz des Leutkircher Partnerschaftsvereins ist ihre dauerhafte Liebe zu Frankreich gänzlich ungebrochen. In heller Begeisterung über die Gästebesuche aus Frankreich, Spanien, Italien, die ein "wunderbares Kinderfest in Leutkirch erlebten", richtete sie wärmste Dankesworte an alle aufnahmewilligen Gastfamilien. Die französischen Gäste seien "fassungslos" gewesen, "wie schön unser Umzug ist". Es gehöre einfach zum Kinderfest dazu, dass Einlagen auf internationaler Ebene geboten werden. Ohne es ernsthaft zu kritisieren, erinnert sie sich an den Beginn der Partnerschaft mit Bédarieux, wo die Leutkircher in ihrer typischen Art halt ein wenig zögerlich waren: "Soll ma oda soll ma liaba itt?" Dann, als Isny seine Partnerschaft besiegelt hatte: "Dös wolla ma auch". Sie gestand ihre "riesengroße Liebe zu Sprache, Land und Kultur" Frankreichs. In emotionaler Begeisterung erzählt sie, dass sie als 17-Jährige einfach hingefahren sei "und mein Herz begann zu schmelzen". Herzlicher Beifall von den vollbesetzten Rängen! Kopfzerbrechen macht Joser-Schmidt feilich der erstarkende politische Rechtsblock im Nachbarland gegen Macron. Sie tröstet sich aber damit, dass die Wahl Le Pens die Unzufriedenheit der Leute ausdrückt, was aber mit bestehenden und neu entstehenden Partnerschaften nichts zu tun habe. 

 

Priester, Musiker und Buchautor Wolfgang "Fetze" Metz zeigt trotz flotten Mundwerks und mundartlich in höherer stimmlicher Tonlage schwäbelnd nach Mauchers Eindruck einen "Grundton von Understatement": "Dann bin i halt Pfarra gwora". Szenenapplaus erntete er für diese Behauptung zu den gegebenen Problemen in seiner katholischen Kirche: "Wenn viele hohe Herren in der Kirche von Heggelbach aufgewachsen wären, hätten wir weniger Probleme". Wie ein Arbeitstag eines Hochschulseelsorgers der Uni Tübingen aussehen kann, wollte Maucher wissen. Metz' Antwort: "Das hab ich mich auch gefragt, bevor ich angefangen habe". Er führte dazu aus, dass er für zwei studentische Wohnheime seelsorgerisch zuständig sei. Abends gibt es Studentengottesdienste, aber auch Diskussionsrunden zu spirituellen Themen. Und wenn ein Student beispielsweise vorhabe zu promovieren, müsse er Gutachten über den Anwärter schreiben. Riesenbeifall brandete auf, als er diesen Standpunkt äußerte: "Alles was die Menschen bewegt, muss die Kirche bewegen, aber nicht umgekehrt". Von "Just Friends" einfühlsam instrumental begleitet, lieferte Metz am Ende ein formidables sängerisches Schmankerl mit einem flott rhythmisierten Song. Herauszuhören war, dass es um den "Himmel auf Erden" geht.