27. Mai 2019

Vorbildlich nachhaltige unternehmerische Vorzeige- und Powerfrau

Der von Journalist und Publizist Joachim Rogosch interessant und unterhaltsam moderierte 201. Talk im Bock lieferte den schlagenden Beweis dafür, dass eine Vorzeigeunternehmerin und Powerfrau wie die Chefin des Tettnanger Outdoor-Produzenten Vaude auch in Leutkirch die Massen anlockt. Mit fast 200 Besu- chern war der Bocksaal so proppenvoll besetzt, dass etliche Interessenten leider abgewiesen werden mussten. Die Saalspende fiel mit 1230 Euro entsprechend stattlich aus. Dr. Antje von Dewitz verfügte, dass das Geld dem in Baden-Württemberg nach bayerischen Vorbild anlaufenden Volksbegehren gegen das Artensterben zugute kommt. Seit 1989 seien 70 Prozent der damalig lebenden Insektenarten verschwunden, bemerkte die akade- mische Geschäftsfrau dazu.

Mit dem Moderator freute sich der Gast darüber, dass die zu besprechenden Themen mit der gestrigen Europawahl zusammenhängen. "Ich freue mich", sagte die 46-jährige Frau Doktor, "dass nicht die Angst vor dem Zustrom von Flüchtlingen dominant war, sondern Klimaschutz und Umwelt". Zur Lösung der anstehenden großen Probleme wie dem Artensterben müsse man unbedingt europäisch vorgehen, nicht kleinstaaterisch in nationalen Grenzen. Was den eigenen Standort Tettnang angeht, bemerkte sie mit Stolz: "Wir sind klimaneutral". Zwar gebe es schon noch ein paar übrig bleibende Emissionen, jedoch würden die in Geld umgewandelt, das in Projekte in China investiert wird. Dort nämlich sei die Lage verheerend schlecht. In Flüssen wie dem Jangtse würden Unmengen Plastikmüll entsorgt, der die Meere in katastrophaler Weise vermüllt und verdreckt.

Vaude - der Firmenname entspricht den Anfangsbuchstaben des aus zwei Worten bestehenden Familiennamens - betreibt Niederlassungen in vielen Ländern der Erde. Nur "fünf Prozent produzieren wir daheim". Die Belegschaft wird in der eigenen Kantine versorgt. Sie ist nicht fleischfrei, denn Currywurst und der Leberkäs, "das muss schon sein".

Emissionshandel lehnt von Dewitz aus Überzeugung ab, weil das "nur Geschachere geben" würde. Stattdessen spricht sie sich für eine CO2-Steuer aus. Sie gäbe "echten persönlichen Anreiz", zum Beispiel weniger oder gar keinen Dieselkraftstoff mehr zu verbrennen. Was Nachhaltigkeit betrifft, könne man nur dann komplett nachhaltig sein, wenn es gelingt, alle Mitarbeiter mitzunehmen. In den Anfängen, als sie vor zehn Jahren die Geschäftsführung der Firma vom Vater übernahm, "gelang das noch nicht". Mit der Verwendung recycelter Materialien sei es bis heute gelungen, die Hälfte des Ausstoßes von CO2 abzubauen.

Für Spontanbeifall und herzhaftes Gelächter sorgten beide talkende Akteure, als es um private Interna ging. Rogosch: "Wie haben Sie das mit den vier Kindern eigentlich hingekriegt?" Von Dewitz' Antwort: "Das ist eine spannende Frage. Wäre ich ein Mann, würden Sie das bestimmt nicht fragen". Riesengaudi erfüllte den Saal, als Rogosch darauf zu sprechen kam, dass der Vater von Antjes Kindern gar nicht mit ihr verheiratet sei. Der weibliche Gast schlagfertig trocken: "Heirat vielleicht, wenn wir mal zur Ruhe kommen, Enkel haben..."

Doktor und adelig, bemerkte der Moderator süffisant, damit war doch schon mal einer in Deutschland überfordert. Und fragte ganz direkt: "Sie haben Ihre Dissertation aber doch selbst geschrieben?" Darüber ließ die blauäugige Blondine keinerlei Zweifel aufkommen.

TiB 202 findet am 12. August mit drei Leutkircher Köpfen (Evelyn Mauch, Gottfried Härle, Manfred Baumgärtner) unter freiem Himmel "vor'm Bock" statt. Der Moderator ist Karl-Anton Maucher.