09. August 2021

Leutkircher Köpfe 2021

Teresa Dieckmann | Josef Rauch | Agnes Keil

Geschichten aus'm Gäu

Total lokal und weiter weg

Teresa Dieckmann

Unterwegs zum Sinn des Lebens

 

Es hätte eine Auszeit werden sollen, 9 Monate. 12 Länder. 30.000 Kilometer. Im selbstgebauten Allrad-Camper fuhr die aus Leutkirch stammende Medizinstudentin Teresa Dieckmann (28) mit ihrem Partner und Filmemacher Martin Zech durch Asien. Von ihrem Wohnort Dresden führte ihr Weg sie entlang der Transsibirischen Eisenbahn durch Russland bis in die Mongolei und der Seidenstraße folgend bis in den Iran. Auf engstem Raum zusammen als neues Team, losgelöst vom sozialen Umfeld, zahlreichen Herausforderungen unterwegs mit Visaangelegenheiten & Autoreparaturen in menschenleeren Gegenden – auf so einer Reise lernt man neben anderen Kulturen vor allem eines kennen: Sich selbst. Außerdem Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft. Aus ihrer Reise entstand ein mutmachendes Filmprojekt in Eigenregie mit einem besonderen Konzept, basierend auf Freiwilligkeit und Vertrauen. Über ihre Reise, wie diese sie verändert hat, über das Filmen, Bloggen und ein erfülltes, minimalistisches Leben zuhause im Bus – darüber hat Karl-Anton Maucher mit Teresa Dieckmann gesprochen.

 

Josef Rauch

Ein Mann des Wortes und der Tat

 

Verwurzelt im Glauben, nah bei den Menschen: Josef Rauch ist ein Intellektueller, dem der Elfenbeinturm zu eng ist – und ein Christ, der seinen Glauben leben möchte. Da verwundert es nicht, dass er als junger Mensch gleich zwei Studienabschlüsse hintereinander machte. Erst studierte er in Tübingen und Rom Katholische Theologie, dann Agrarökonomie in Stuttgart-Hohenheim. Es folgte ein Berufsleben, das Seelsorge und Entwicklungshilfe untrennbar verknüpfte.  Zweimal stellten sich Josef Rauch mit seiner Frau Adelheid und den Kindern in den Dienst der Entwicklungshilfe: 1977 bis 1981 in Guatemala, 1991 bis 1994 in Bolivien. Zwischen den Auslandsaufenthalten arbeitet Rauch als Seelsorger und in der katholischen Verbandsarbeit, in den achtziger Jahren verschlug es die Familie nach Leutkirch, wo Josef Rauch aus dem Haus Regina Pacis ein „Bildungshaus für den ländlichen Raum“ machte. Von 1994 bis 2010 war er Pastoralreferent in der Katholischen Kirchengemeinde St. Martin in Wangen. Bis heute betreut er mehrere Entwicklungshilfeprojekte in Bolivien und Uganda. Über Glauben und Leben, über Unterdrückung und Entwicklung, über das (Nicht-) Irrewerden an einer Kirche in Bedrängnis, über Entwicklungsprojekte, den Mut zur Haltung und das Vertrauen in die Menschen hat Karl-Anton Maucher mit Josef Rauch gesprochen.

 

Agnes Keil

Als Multi-Talent im Paradies

 

Sie ist Malerin, Zeichnerin, Tänzerin, vor allem aber Bildhauerin  – und sie lebt im selbstgewählten und eigenhändig gestalteten Paradies. Gemeinsam mit ihrem Mann und Künstlerkollegen Peter Heel hat Agnes Keil 2012 die verlassene Schule in Engerazhofen gekauft. Seither ist aus dem schmucklosen Sechziger-Jahre-Schulhaus ein kulturelles Zentrum an der Leutkircher Peripherie geworden – zwischen Engerazhofen und Engelboldshofen. Agnes Keil ist ein freiheitsliebender Mensch. Ihren Traum vom freien Künstlerleben verwirklichte sie als Jugendliche im Zirkuswagen (was das Finanzamt sehr interessierte). Heute ist sie eine arrivierte Künstlerin, die ihren Stil gefunden hat. In großen und schweren, aber auch kleinen und zarten Arbeiten, die sich mit der Bewegung des Menschen im Raum auseinandersetzen. Sie zeigt die Erträge ihrer erstaunlichen Produktivität in Einzel- und Gruppenausstellungen. Viele ihrer Skulpturen bevölkern den öffentlichen Raum, so auch in Leutkirch an der Unteren Grabenstraße, wo ihre Skulptur „Ohne Worte“ die Menschen auf dem Weg in die Altststadt begrüßt. Aus dem Atelierhaus in Engerazhofen ist ein beliebter Treffpunkt der Kunstfreunde aus Nah und Fern geworden – da kann es schon einmal vorkommen, dass sich an einem Wochenende mit Vernissage 1000 Menschen im Paradies am südlichen Rand Leutkirchs an Kunst und Landschaft und Kunst in der Landschaft erfreuen – an dem Paradies, das Agnes Keil und Peter Heel selbst, aber nicht nur für sich selbst geschaffen haben. Über Kunst und Freiheit und die Freiheit der Kunst, über ihre künstlerische Laufbahn, über ihre Wanderjahre und das Ankommen in Leutkirch, über das Leben mit den Menschen in Engerazhofen und die Tücken des Kunstmarkts hat Karl-Anton Maucher mit Agnes Keil gesprochen.