04. November 2013

David Sieveking

Buchautor, Filmemacher

Leben, leiden, lachen

Als die Mutter dement wurde

Wie ist das, wenn die Familie miterlebt, dass die eigene Mutter, wie zwei Millionen anderer Menschen in Deutschland auch, an Alzheimer erkrankt, also dement ist und immer verwirrter wird? – Ein Schock! David Sieveking (36), Autor und Filmemacher, hat auf seine ganz eigene Weise  darauf reagiert: Er ist in sein Elternhaus zurückgekehrt, um fortan für seine Mutter da zu sein. Aber nicht nur das: Er beginnt auch, ihr Leben, ihre Angst, ihre Freude, ihre Vergesslichkeit zu dokumentieren. Heraus kommen ein bewegender Film und ein ebensolches Buch mit dem Titel „Vergiss mein nicht!“
„Meine Mutter hatte ihr eigenes Vergessen vergessen“ – so hat es David Sieveking einmal auf den Punkt gebracht, was nicht nur für seine Mutter gilt, sondern früher oder später für alle Alzheimerkranken.
Es gibt Szenen, die sind verstörend und manchmal auch zum Lachen: wenn die Mutter nicht mehr von früher erzählen kann; wenn sie das eigene Zuhause nicht erkennt; wenn sie ihren Sohn für ihren Ehemann hält. Sievekings Mutter hat sich mit der Zeit mehr und mehr verändert, und seine Rolle änderte sich ebenfalls. Er war irgendwann nicht mehr ihre Bezugsperson und ihr Betreuer, sondern er war mehr und mehr der Dokumentarist ihres Zerfalls, jedoch auch der Dokumentarist der wieder erwachten Liebe seiner Eltern zueinander, die durch das Ausbrechen der Krankheit zunächst auf eine große Belastungsprobe gestellt war. Die Geschichte seiner Mutter Gretel ist bewegend, aber ebenso voller Humor und Heiterkeit. Der Film wurde mehrfach mit Preisen ausgezeichnet, aber eine Frage wird immer damit verbunden sein: Darf man einen Menschen, zumal die eigene Mutter, auf diese Weise zeigen und beschreiben – einen Menschen, der nicht mehr fähig ist, darüber selbst zu entscheiden? „Hätte sie dem zugestimmt?“, fragte nicht nur die Süddeutsche Zeitung.
David Sieveking hat sich dieser Frage beim TiB gestellt und über die verschiedenen Phasen der Krankheit seiner Mutter berichtet, über seinen und seines Vaters Umgang damit, über bedrückende Situationen und solche voller Fröhlichkeit. Buchtipp: David Sieveking „Vergiss mein nicht – Wie meine Mutter ihr Gedächtnis verlor und ich meine Eltern neu entdeckte“, Herder-Verlag, Freiburg.

 

Presse:

Blix: Dezember 2013SZ: Mittwoch, 6. November 2013