Autor von „Abgezockt und totgepflegt“
Undercover in deutschen Altenheimen
Günter Wallraff stand Pate. Im wahrsten Sinne des Wortes. Als Wirtschaftswissenschaftler Markus Breitscheidel (36), bis dahin Verkaufsleiter einer Werkzeugfirma, in eine Sinnkrise stolperte und eine neue Aufgabe suchte, traf er auf Wallraff. Der Mann, der sich als "Hans Esser" bei BILD einschmuggelte, als Türke "Ganz unten" im Kohlenpott, als Pförtner beim Versicherungskonzern Gerling unterschlüpfte und danach aus seinen Erlebnissen Bestseller machte, brachte Breitscheidel auf den Geschmack: Undercover in Pflege- und Altenheime zu arbeiten, die Missstände zu dokumentieren und anschließend zu Papier zu bringen.Was dabei heraus kam, ist erschütternd. "Abgezockt und totgepflegt" heißt Breitscheidls Buch, das bereits kurz nach dem Erscheinen ganz oben in den Bestellerlisten von FOCUS und SPIEGEL rangierte und noch rangiert. Gewalt in diesen Heimen, Schreie, Weinen, Verzweifelung; das Abschieben der Patienten, weil die Zeit für die Pfleger vorn und hinten nicht reicht; Zwangsernährung, Schnellwäsche, Körperpflege mit minimalem Einsatz. Breitscheidel berichtet von Pflegern, die überfordert sind, und von alten Menschen, deren Schicksal es ist, nur auf das Sterben zu warten. Dabei wehrt sich der Autor vor dem Eindruck, in allen Heimen werde schlecht gearbeitet und überall müssten sich die alten Menschen abgeschoben vorkommen. Er hat auch positive Erfahrungen gemacht, auf die er in seinem Buch eingeht. Sein Tipp für all die, die ein Heimplatz für Mutter oder Vater suchen: Sich keinen Fall durch luxuriöse Fassaden blenden lassen; darauf achten; dass alles behindertengerecht ausgebaut ist; schließlich: Als Angehöriger in den ersten 14 Tagen täglich da sein, um den Lauf der Dinge zu kontrollieren.Was Markus Breitscheidel ganz konkret erlebt hat, wo er die Gründe für so manchen Skandal sieht, wie er Pfleger und Heimleitungen einschätzt - über all das sprach er am 14. November im Bocksaal.