13. September 2010

Wolfgang Seliger

Polizeibeamter aus Singen

Im Kugelhagel der RAF

Im Kugelhagel der RAF

In Kürze beginnt in Stutgart der Prozess gegen die frühere RAF-Terroristin Verena Becker. Es wird der wohl letzte RAF-Prozess sein. Es geht um die Ermordung des damaligen Generalbundeswanwalts Siegfried Buback am Gründonnerstag 1977. Das Gericht muss die Frage klären, ob Verena Becker an diesem Mord in irgendeiner Form beteilgt war. Bubacks Sohn Siegfried, Chemie-Professor in Göttingen, hatte dafür bereits im November 2007 als Gast des „Talk im Bock“  habhafte Indizien präsentiert.
Opfer einer der Anschläge, die Verena Becker zur Last gelegt wurden, ist Wolfgang Seliger, heute 53 Jahre alt, Polizeibeamter aus Singen. Er hatte Becker und ihren Komplizen Günter Sonnenberg im Mai 77 in einem Cafe in Singen routinemässig überprüft. Zu dieser Zeit befand sich das ganze Land wegen der RAF-Attentate im Ausnahmezustand. Bei der Polizei gingen täglich Hinweise auf Terroristen ein, die sich mal hier, mal dort aufhalten sollten, auch in Singen. Aber in der Regel war nichts dran – bis auf dieses eine Mal. Seliger, damals gerade 20, wurde gemeinsam mit einem Kollegen zu einem Cafe gerufen, in dem angeblich zwei Verdächtige sitzen sollten.
Was die beiden Polizisten zunächst als eine lästige Pflichtübung betrachten, entwickelt sich in Sekundenschnelle zum tödlichen Ernst. Sie haben tatsächlich zwei Teroristen vor sich, die, nun außerhalb des Cafes, bei der Ausweiskontrolle plötzlich ihre Waffen ziehen. Seliger wird zweimal getroffen, kann sich aber verletzt hinter einem Auot in Deckung bringen. Sonnenberg feuert sein ganzes Magazin auf ihn ab. Weitere fünf Kugeln treffen Seliger, der selbst keinen einzigen Schuss abgibt.  Seine Verletzungen sind lebensgfährlich. Verena Becker hat zur gleichen Zeit Seligers Kollegen niedergestreckt. Auch er überlebt.  
Wenige Minuten später werden die beiden Terroristen noch in Singen nach einem wilden Schusswechsel festgenommen. Becker wird von einer Kugel am Unterschenkel, Sonnenberg in den  Kopf getroffen. Im November 77 die Beiden  zu „Lebenslänglich“ verurteilt -   u.a. wegen des Mordversuchs in Singen, später jdoch vorzeitiog aus der Haft entlassen, Sonnenberg 1992,  Becker bereits 1989. Sie lebt mittlerweile irgendwo unter einem anderen Namen. Aber die Vergangenheit holt sie jetzt wieder ein.
Mit welchen Gefühlen Wolfgang Seliger dem Prozess entgegensieht, wie er das Trauma der eigenen Vergangenheit überwunden hat, warum er bereits ein halbes Jahr nach dem Anschlag in den Polizeidienst zurückgekehrt ist und welche Kosequenzen er selbst und der gesamte Polizeiapparat aus den Vorfällen von Singen 77 gezogen hat, darüber hat Wolfgang Seliger beim „Talk im Bock“ gesprochen.


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