13. Oktober 2008

Hülya Özkan

TV-Moderatorin, Krimi-Autorin

Mal Mainz, mal Istanbul

Leben mit und in zwei Kulturen

Sie war die Erste - Anfang der 90er-Jahre, die erste Migrantin, die in Deutschland eine Fernsehsendung moderierte: Hülya Özkan, 1956 in Istanbul geboren, im Alter von sieben Jahren nach Deutschland gekommen, in Heidenheim aufgewachsen und noch heute des Schwäbischen mächtig, nach Schule, Abitur und dem Studium von Politikwissenschaft und Journalistik als Volontärin beim ZDF, später dort Redakteurin und dann Moderatorin. "Nachbarn in Europa" hieß die Sendung, gedacht für damals so genannte Gastarbeiter; und Hülya Özkan schien den Programmverantwortlichen nicht nur wegen ihres journalistischen Feelings dafür bestens geeignet zu sein, sondern auch wegen ihres familiären Hintergrundes. Lang, lang ist's her.Mittlerweile hat Hülya Özkan eine Zeitlang fürs ZDF-"auslandsjournal" gearbeitet und ist nun eine der Moderatorinnen von "heute aus den Ländern", ZDF, nachmittags um 16 Uhr. Und nicht nur das: Sie ist verheiratet mit Thomas Bellut, dem Programmdirektor des ZDF, hat zwei Söhne, und sie schreibt: Kriminalromane! Eines der Bücher - "Istanbul sehen und sterben" - wird derzeit verfilmt. Es geht um den Istanbuler Kommissar Özakin, eine Art Bosporus-Brunetti wie der Commissario in Donna Leons Venedig-Krimis, der die schwierigsten Fälle in der 15-Millionen-Stadt löst.Hülya Özkan kennt sich in Istanbul bestens aus, pendelt sie doch regelmäßig zwischen Mainz, der Stadt des ZDF, des Karnevals und der Weinschoppen, und ihrer alten Heimat hin und her. Özkan vereinigt in ihrer Lebensart Türkisches mit Deutschem, setzt sich kritisch auseinander mit den Problemen beider Seiten bei der Integration und verschließt die Augen keineswegs vor Vorurteilen - unter denen sie zeitweise selber zu leiden hatte! - und Intoleranz auf beiden Seiten. Sie ist Muslimin, ihr Mann ist Christ; ihr Söhne werden, wenn sie mögen, eines Tages selbst entscheiden, zu welcher Religion sie sich bekennen wollen.Hülya Özkan ist in einer TiB-Zusatzveranstaltung in Leutkirch zu Gast während der "Deutsch-Türkischen Kulturwoche", die gemeinsam von verschiedenen Organisationen (u.a. Deutsch-Islamischer Kulturverein, Caritas, VHS) getragen wird. Die Journalistin und Autorin hat über ihre persönlichen Migrationserfahrungen gesprochen und über ihre Karriere und ihre Bücher. Auch die Befürchtungen in Deutschland und in anderen EU-Staaten vor einem EU-Beitritt der Türkei waren ein Thema, ebenso Zwangsehen, Ehrenmorde und die Schwierigkeiten vieler jugendlicher Migranten auf dem deutschen Arbeits- und Ausbildungsmarkt. Doch es kamen auch zahlreiche positive Beispiele von geglückter Integration zur Sprache und vieles von all dem, was die Türken und die Türkei liebenswert und angenehm macht.